CDU-Chef Friedrich Merz räumt einige Steine der Brandmauer gegen die AfD ab – bis sein Generalsekretär korrigiert. Merz’ Fehltritte wecken Zweifel an seiner Eignung als Kanzler.
„Kommunalpolitik ist etwas anderes als Landes- und Bundespolitik“, sagt Merz und begründet seine plötzliche Neuorientierung mit einer, nun ja, kreativen Analyse: „Auf der kommunalen Ebene ist die Parteipolitisierung ohnehin ein bisschen zu weit vorangeschritten.“
Das klingt banal für einen solch weitreichenden Weg, den Merz am Sonntagabend einschlug. Fünf Stunden später, um Mitternacht, sah sich Generalsekretär Carsten Linnemann genötigt, festzustellen: „Für die CDU ist klar: keine Zusammenarbeit mit der AfD, egal auf welcher Ebene.“ Was denn nun?
Man weiß nicht, was schlimmer ist
Was für eine Unkenntnis. Die CDU hat sich selbst, einmal 2018, bekräftigt 2020, einige klare Leitlinien gegeben im Umgang mit der AfD. Diese bezogen, nein, sie beziehen sich auch auf Gemeinden, Städte, Landkreise. Entweder kannte Friedrich Merz die Beschlusslage seiner Partei nicht – oder er setzte sich nebenbei darüber hinweg. Man weiß nicht, was schlimmer ist.
Was für eine Fehleranfälligkeit. Lange vertrat Merz die Auffassung, die CDU müsse sich mit den harten politischen Themen dieser Zeit – etwa Inflation, Energie, Wirtschaftslage – befassen.
Anfang Juni, während die AfD in den Umfragen nach oben schoss und die CDU bestenfalls stagnierte, riss Merz das Steuer ruckartig herum. Das gipfelte in zwei Sätzen: „Mit der AfD können die Bürgerinnen und Bürger heftige Denkzettel verpassen“. Und: „Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD.“ Das klang wie eine Wahlwerbung für die AfD. Fortan sprach Merz also über das Gendern statt die Geldentwertung.
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Mangel an Führungserfahrung
Was in der CDU, die sich als natürliche Regierungspartei versteht und die jeden sozialdemokratischen Kanzler als Betriebsunfall der Geschichte begreift, unterschätzt wird: Friedrich Merz, 67, hat zeit seines Lebens nicht einen Monat lang regiert, weder im Bund noch im Land. Er hat null Exekutiv-Erfahrung.
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Anders als bei den diversen Merz-Fehltritten der jüngsten Zeit haben die Äußerungen zur Kooperation mit der AfD einen Aufschrei in der Partei ausgelöst. Selbst „Unverdächtige“ wie Kai Wegner weisen Merz zurecht. Die Autorität von Friedrich Merz zerbröselt zusehends.
Das Amt des Bundeskanzlers erfordert politische und strategische Fähigkeiten, außerdem charakterliche Eignung. Die letzten Wochen lassen daran zweifeln, ob Merz diese Anforderungen erfüllen kann.
Ist ja auch nur ein Baustein in einer seit Wochen laufenden Kommunikationsstrategie. Das Ziel wird sein, sich für eine AfD-CDU Konstellation für die nächste oder übernächste Bundestagswahl in Stellung zu bringen.